Christine Winkler

Familie ist Alltag, Fotografie auch

Christine Winklers Bilder haben starke erzählerische Kraft

 

Christine Winkler besuchte die Ortweinschule und lernte dort unter Wolfram Orthacker die Fotografie kennen. Gleich mit ihrer ersten größeren Idee schaffte sie 2003 den Sprung in das Foto-Kunstmagazin „Camera Austria”. „Milch und Honig oder: Dass ich eins und doppelt bin” heißt die Porträtserie, in der sie Mütter und Töchter gemeinsam auf ein Bild bringt. Die Serie wird auch heute noch fortgesetzt.

 

So einfach Winklers Vorgaben für die Mutter-Tochter-Serie klingen, so subtil sind sie. „Die Porträts sollen bei den Menschen zu Hause gemacht werden. Es gibt eigentlich nur die Vorgabe, dass sich Mutter und Tochter mit ihren Wangen berühren.” Also, Wange an Wange, Haut an Haut, wenn man so will. Funktioniert oft, und es kommen wirklich interessante und wunderbare Porträts heraus, die viel von Bindungen und Schwingungen erzählen. „Aber manchmal schaffen es Mutter und Tochter nicht sich zu berühren, weil hier Grenzen überschritten werden.” Und schon denkt man nach, weil Fotografieren hat ja viel mit nachdenken zu tun, mehr als man glaubt.

 

Überhaupt ist das soziale Umfeld als Familie ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kreativität. Neben abstrakten Arbeiten, beispielsweise Streifenbilder oder leere Räume, die stark mit der Suche nach Ruhe und Ausgeglichenheit einhergehen, macht die Fotografin ihren Alltag zum Feld ihrer Fotografie. Für die Zeitschrift „Lichtungen” suchte sie mit Werner Fenz Fotos zur Serie „Natura Vivente” aus, die sie in ihrem Haus am Kugelberg in Judendorf-Straßengel festhielten. „Da hat es jeden Tag einen Puppengeburtstag gegeben, oder zum Beispiel haben die Kinder ein Vogelnest nachgebaut und ich habe mich wahnsinnig gefreut, diese Welten zu fotografieren.”

 

Die Fotografin legt Wert darauf festzustellen, dass ihre Bilderwelten nicht inszeniert sind. „Wenn ich meine Kinder beim Spielen fotografiere, vergessen sie, dass ich sie fotografiere.” Stifte im Kinderbett, eine liegengelassene Gartenschaufel beim Blumenbeet oder eine leicht verloren wirkende Kinderkochschürze sind Fotos ihrer Serie „1000 Dinge an einem Tag.”, in der sie Momentaufnahmen zu einem fotografischen Tagebuch verarbeitete. Parallel dazu hat sie die Abläufe auch aufgeschrieben: „Rollos aufgemacht, Flaschi für Fiona gekocht, Saft aus dem Keller geholt, gemütliches Lager gerichtet.” Ausgestellt waren die Fotos im Künstlerhaus bei „photo_ graz 08″. Denkt die Fotografin daran zurück, muss sie lachen. „Da hat eine Besucherin tatsächlich gesagt: Oh Gott, wie furchtbar es bei Ihnen aussieht!” Frei nach dem Motto: andere räumen die Wohnung auf, Winkler fotografiert die Spuren, die die Kinder hinterlassen. Demgegenüber muss man sagen, dass die Bilder eine sehr starke erzählerische Kraft haben, von großer Natürlichkeit leben und den Einblick in eine Art gelebtes Familienparadies geben. Und das ist in der Praxis gar nicht so einfach zu organisieren, denn Winkler ist alleinerziehende Mutter. Eine der Tagebucheintragungen ging übrigens mit „acht Seiten gelesen, gelüftet, Licht ausgemacht” zu Ende. Klingt nach Erschöpfung, aber auch nach einem erfüllten Tag.

 

Winkler selbst sieht sich als sozialkritische Fotografin, die eben sehr stark ihr privates Umfeld in die Kunst einbringt. „Meine Kinder sind ein gewichtiger Teil meines Tages, dadurch sind sie auch Teil meiner Fotografie.” Fiona, Emily und Belinda heißen ihre Kinder, sind sieben, fünfzehn und siebzehn Jahre alt. Und die sind auch Teil ihres nächsten Projekts: „Meine Kinder, wenn sie schlafen, kurz bevor sie erwachen bevor ich sie aufwecken muss”, so Winkler.

 

 

»artfaces: Kultur Service Gesellschaft Steiermark